Der Beitrag „Der Traumpfad | Alpenüberquerung“ enthält unbezahlte Werbung.
Jenny hat das durchgezogen, was sich schon viele vorgenommen haben, und hat die Alpen überquert. Ich gehöre zu diesen Vielen. Du auch? Mein Rother Wanderführer zu dem Thema, liegt seit ich in München lebe, also genau seit 10 Jahren, in meinem Bücherregal. Während viele andere Reise- und Wanderführer ihren Zweck erfüllt haben, mich auf tollen Reisen begleitet haben und teils aussehen, als seien sie einmal quer durch den Match gezogen worden, ist das „München nach Venedig“ Buch ziemlich jungfräulich. Umso begeisterter habe ich Jennys Alpenüberquerung auf IG verfolgt und durfte quasi mitreisen.
Ich bin super happy, daß sich Jenny die Zeit genommen und ihren wahr gewordenen Traum zu „Papier“ gebracht hat. Wer ihre Stories auf IG verpasst hat, oder damals schon begeistert war wie ich, darf jetzt oder noch einmal mit ihr von München nach Venedig reisen. Viel Spaß.
Wie ich mir einen Lebenstraum erfüllte und den Traumpfad von München nach Venedig wanderte
Text von Jenny Krennrich
Viele von uns führen eine Bucketlist, eine Art To-do-Liste für Träume und Ziele, die immer wieder ergänzt wird, und im Laufe des Lebens abgehakt werden soll. Auf meiner Bucketlist ganz oben stand, nachdem ich bereits im Jahr 2018 mit meinem Vater die Alpen von Oberstdorf nach Meran überquert habe, der Traumpfad. Dabei handelt es sich um eine je nach gewanderter Strecke ca. 550 km lange Alpenüberquerung, bei der etwa 20.000 Höhenmeter gemeistert und die Bayerischen Voralpen, das Karwendel, die Tuxer Alpen, der Alpenhauptkamm, das Pfunderertal, die Dolomiten, die Puezgruppe und die Belluneser Voralpen überquert und durchwandert werden. Die am Marienplatz in München beginnende, und am Markusplatz in Venedig endende Tour, wurde erstmals 1977 von Ludwig Grasser beschrieben.
Aus Zeitgründen und persönlichem Ehrgeiz plante ich etwas individueller und reduzierte die Etappen auf 26 Tage, ohne geplante Pausen. Aufgrund der herrschenden Pandemie und der damit reduzierten Schlafplätze auf den Hütten, buchte ich alle Hütten im Voraus, was ich bei einer solch langen Tour sonst eher etappenweise machen würde, um flexibler reagieren zu können. Ob meine Planung zur Alpenüberquerung aufging, lest ihr unten.
Wer sind wir?
Mein Name ist Jenny und ich bin eine 28-jährige Zahnärztin mit eigener Praxis am Ammersee in Dießen. Ich kann sehr schlecht still sitzen und bin meistens auf Achse. In den Bergen, auf dem Rennrad, beim Laufen oder Klettern, und dem ein oder anderen Abenteuer bin ich am glücklichsten, Sport gehört also zu meinem Alltag.
Begleitet wurde ich von Bastian, einem 28-jährigen Winzer und Getränketechnologen aus Rheinhessen, der nach dem Zugspitzlauf 2019 zu meinem besten Freund wurde, und sofort Feuer und Flamme für mein Projekt war.
Traumpfad: Planung und Vorbereitung
Nachdem Bastian beschlossen hatte, mich zu begleiten, begannen wir im Frühjahr 2020 mit der Planung unserer Alpenüberquerung aka Traumpfad. Mit 26 Tagen würden wir knapp einen Monat unterwegs sein, das musste gut vorbereitet werden. Ich steckte also die Route fest, legte die einzelnen Etappen auf Komoot an, buchte Unterkünfte, und hielt alles in einer Tabelle fest. Dann ging es ans Besorgen der Ausrüstung. Hier hatte ich bereits einiges vom E5, aber beispielsweise ein leichter Schlafsack musste auch mitgenommen werden, da die Hütten kein Bettzeug ausgeben durften. Trainingstechnisch bereiteten wir uns nicht explizit vor. Sport gehört zu meinem Alltag und pro Woche findet man mich mindestens zweimal in den Bergen, zusätzlich mache ich gerne Stabilitätstraining und gehe Bouldern und Klettern. Ich ging also einfach davon aus, dass ich das schon packen werde. Bastian hat keine Berge vor der Haustür, hält sich aber mit Trailläufen im Rheingau, sowie Bouldern und Klettern fit.
muss man sich erstmal gewöhnen
Hier unserer Essentials für den Traumpfad
- Wanderrucksack (ein Volumen von 36 l reicht vollkommen aus, und hilft nicht zu viel Unnötiges einzupacken und somit möglichst unter 10 kg an Gewicht zu bleiben)
- Schlafsack (kleines Packmaß und leicht)
- mehrere Drybags (Ich packe immer in Kompartimenten, so muss ich nicht immer meinen kompletten Rucksack ausleeren)
- Bei der Kleidung auf leichte Kleidung achten und nur das Nötigste packen, Merinokleidung ist empfehlenswert
- ein Paar feste Wanderschuhe fürs alpine Gelände, ein Paar leichte Trailschuhe für die Etappen in der Ebene, Hüttenschuhe
- Trailstöcke helfen bei müden Beinen und gerölligen Hängen (auch hier auf das Gewicht achten)
- eine Powerbank mit mehreren Ladungen (auf manchen Hütten ist bei Übernachtung im Lager das Laden von GPS- Uhr Handy und sonstiger Gadgets aufgrund von Steckdosenmangel etwas schwierig)
- Sonnencreme, Antimückenspray und Erste-Hilfe-Set
- ausreichend Wasser und Riegel als Verpflegung
- Bargeld nicht vergessen (ca. 50-60 €/Person und Tag)
- Wanderführer (der Klassiker ist der Rother Wanderführer, wir waren nicht allzu begeistert davon, aber als tägliche Routenvorschau ist er geeignet)
- Oropax und Schlafbrille für Leute, die wie Sebastian nur in absoluter Stille und Dunkelheit schlafen können
- Buch/ E-Reader
Auf ins Traumpfad-Abenteuer
Am Freitag, dem 24.07. machten wir uns früh morgens auf und fuhren mit der Bahn zum Marienplatz, da uns an dem Tag ohnehin schon 37 Kilometer bevorstanden. Nach einem obligatorischen Startfoto ging es Richtung Isar. Die Schwierigkeit des ersten Tages bestand nicht in sportlicher Hinsicht, wohl aber in den Mücken, die uns die komplette Wanderung entlang begleiteten. Mückenspray hatten wir natürlich nicht dabei und wurden demnach ordentlich verstochen. Problem zwei waren die Trailschuhe, die ich zwar eingelaufen hatte, aber ohne Gepäck und demnach mit guten 10 kg weniger, ich hatte mir also bereits an Tag 1 Blasen gelaufen. An Tag zwei in Bad Tölz konnten wir dann in der Apotheke Mückenspray besorgen und unsere Blasen versorgen und den Tag an der Isar genießen, bevor es am nächsten Tag endlich bergiger wurde.
Mit jedem Tag gewöhnten wir uns mehr an die Bewegung und das Gepäck, wir optimierten unseren morgendlichen Ablauf und das Packen unseres Rucksackes. Da wir hauptsächlich im Lager übernachteten, hatten wir wenig Platz zur Verfügung, und mussten morgens und abends leise sein, sinnvoll packen und clever planen, um nicht mit allen gleichzeitig das Badezimmer aufzusuchen.
Wir standen also immer früh zwischen 6:00 und 6:30 auf, für Bastian gab es Frühstück, für mich Kaffee, dann starteten wir unsere Wanderung.
Muskulär hatten wir keinerlei Probleme, und so fiel uns das tägliche Laufen, mitunter recht langer Distanzen ziemlich einfach. An Tag sechs fand unsere gemeinsame Tour jedoch ein vorerst jähes Ende. Vom Karwendelhaus ging es auf die Birkkarspitze, dann auf sehr gerölligem, unwegsamem Gelände hinab ins Tal und rauf aufs Hallerangerhaus. Der steile Abstieg war eine zu große Belastung für Bastians ohnehin schon geschädigtes und bereits operiertes Knie, sodass er entschied, am nächsten Tag in Hall auszusteigen. Natürlich war dies die einzig richtige, wenn auch nicht einfache Entscheidung.
In Hall nahm uns meine Freundin Lisa auf, wir aßen gemeinsam, duschten und brachten Bastian in Innsbruck zum Zug, dann füllten Lisa und ich erst meine Vorräte auf und genossen dann den Abend am Baggersee und kochten gemeinsam. Ich freute mich unglaublich, als Lisa mich auf der nächsten Etappe zur Lizumerhütte begleitete, und musste anschließend nur 5 Tage alleine wandern, bis unsere Freundin Anne mich begleiten würde.
Die Tage alleine waren sehr ungewohnt, aber auch schön. Ich konnte komplett mein Ding machen, ohne auf einen Wanderpartner Rücksicht nehmen zu müssen, aber dennoch war ich froh, nicht die ganze Strecke alleine zurücklegen zu müssen. Lange Tage und vor allem die weniger aussichtsreichen Etappen sind mit einem guten Gespräch sehr viel leichter zu bewältigen. Nichtsdestotrotz war ich stolz, auch diese Hürde genommen und gemeistert zu haben.
Auch Bastian entschied sich nach den wenigen Ruhetagen wieder mit uns zu wandern, und so genossen wir zu dritt den mitunter schönsten und aussichtsreichsten Teil der gesamten Tour – die Dolomiten.
Einer der von mir geplanten Tage hatte es mit zwei Klettersteigen ordentlich in sich, aber wir motivierten und unterstützten uns gegenseitig, und verbrachten eine geniale gemeinsame Zeit. Gemeinsam bestiegen wir auch den höchsten Berg der Tour, den Piz Boè. So schön es war, früh morgens den Gipfel zu erreichen, waren wir geschockt von den vielen anderen Touristen, die das gleiche Ziel hatten. Durch einen Berglift von der anderen Seite des Berges war dieser recht einfach zu erreichen, was die Massen an Menschen erklärte. Für uns, nach der Zeit mit recht wenig Kontakt zu anderen Menschen, ein echter Kulturschock. Am Fedaiasee freuten wir uns unglaublich über Betten mit richtiger Bettwäsche und die Möglichkeit, unsere Kleidung zu waschen – man lernt eben die kleinen Dinge des Lebens zu schätzen. Leider war auch Anne nicht von Verletzungen verschont, und so zwang ihre Achillessehne sie uns in Alleghe zu verlassen.
Ein weiteres geplantes Highlight der Tour wäre der Klettersteig an der Schiara gewesen. Leider hatten wir zur Gewichtseinsparung keine Klettersteigsets mitgenommen, und vor Ort konnten diese nur dann ausgeliehen werden, wenn man in einer bestimmten Hütte übernachtete, oder das eigene Set dorthin schickte. Wir fanden aber eine Umgehung, die ohne Busse auskam, und hatten damit die Berge bereits weitestgehend hinter uns gelassen.
Ab Belluno ging es nämlich nahezu ausschließlich flach weiter. In Belluno verabschiedete ich mich von meinen mehr als zehn Jahre alten Wanderschuhen, die Sohle war gebrochen und die flachen Etappen konnte ich mit den Trailschuhen zurücklegen. Das letzte Highlight vor Erreichen des Markusplatzes war die Adria – die Vorstellung, von München aus ans Meer gelaufen zu sein, war einfach so surreal. Wir ließen unsere Rucksäcke fallen, zogen die verschwitzten Sachen aus, und rannten wie Kinder in Unterwäsche ins Wasser. Wir hatten es fast geschafft und waren schon so unglaublich stolz auf uns.
Der nächste Tag war läuferisch recht unspektakulär und nach einer kurzen Fahrt mit der Fähre erreichten wir Venedig und schließlich den Markusplatz. Auch wenn Venedig coronabedingt deutlich leerer war als gewöhnlich, waren die vielen Touristen für uns ein wahrer Kulturschock. Am Tag nach unserer Ankunft verbrachten wir Bastians Geburtstag noch in Venedig und setzten uns abends um 22 Uhr in den Nachtzug nach München, wo wir am nächsten Tag kurz nach 6:00 in der Früh ankamen. Eine unfassbare Reise lag hinter uns, mit wundervollen Momenten und Aussichten, körperlichen Höchstleistungen, viel Lachen und guten Gesprächen.
Ich hätte mir keine bessere Begleitung für die Erfüllung meines Traumes wünschen können und bin Bastian, Anne und Lisa mehr als dankbar für ihre Unterstützung und die gemeinsame Zeit auf dem Traumpfad.
Jenny
Traumpfad Highlights und Lowlights
Die Dolomiten waren das ungeschlagene Highlight der Tour und diese werde ich sicherlich auch wieder besuchen. Außerdem kann ich eine Übernachtung bei Heiko und seiner Familie auf der Dominikushütte inklusive Wäscheservice, und auf der Lizumerhütte, mit genialer Lage, sehr schöner Hütte und gutem Essen, uneingeschränkt empfehlen. Auch die Tage, die ich alleine wanderte, fühlte ich mich nicht alleine. Zwar legte ich die Kilometer solo zurück, da ich das Frühstück ausließ, konnte ich ungestört vor mich hin gehen, und erreichte meine Etappenziele meist sehr früh, doch auf den Hütten war der Austausch mit anderen Wanderern, und zum Teil auch Traumpfadwanderern, eine sehr willkommene Ablenkung.
Leider musste ich wetterbedingt den Kurs zweimal etwas abwandeln und konnte eine geplante Gratüberschreitung nicht machen – aber gegen das Wetter ist man ja bekanntlich machtlos, und ich fand gute Alternativen, um mein Ziel dennoch zu erreichen.
Meine Traumpfad-Tipps
Wer so etwas auch machen möchte, sollte unbedingt auf leichtes Gepäck achten. Ich hatte nie Muskelkater, und abgesehen von Blasen am ersten Tag, auch keine sonstigen körperlichen Beschwerden, aber der schwere Rucksack rieb über das Schlüsselbein und Hüftknochen, was einfach etwas unangenehm war. Geht euer Tempo und haltet nicht krampfhaft an Zeiten im Wanderführer oder Wanderblog fest. An manchen Tagen wäre ich gerne eine Etappe weiter gelaufen, aber durch die bereits gebuchten Hütten ging dies leider nicht. Hörbücher helfen, um auf langen und nicht ganz so aussichtsreichen Etappen, bei Laune zu bleiben (und Bastian musste sich mein Geplapper nicht die ganze Zeit anhören). Wir hörten alle Teile der „Känguru Chroniken“, „Der Hobbit“ und „Herr der Ringe“ und konnten uns so gut vom gleichförmigen Wandern in der Ebene ablenken. Mit Freunden geht es sich leichter. Sucht euch Wanderpartner im Familien- oder Freundeskreis, oder schließt euch einer Gruppe an. Gegenseitige Motivation hilft ungemein und gemeinsam kann man irgendwie auch besser bestaunen und genießen, was man da so alles sieht und erlebt.
Insgesamt war der Traumpfad ein unfassbar geniales Abenteuer und wir extrem stolz, es bewältigt und das Häkchen auf der Bucketlist gesetzt zu haben. Noch einmal würde ich es nicht machen, aber nur weil es zu viele andere wunderschöne Wanderwege gibt, die es zu beschreiten gilt.
Traumpfad Fazit
Raus und machen! Natürlich sollte man die nötigen Voraussetzungen haben, aber wenn man einen Traum oder ein Ziel hat, dann sollte man nicht zu lange überlegen und zweifeln. Habt keine Angst zu scheitern, euer Körper kann mehr als ihr glaubt. Nutzt die Gelegenheit und erlebt Abenteuer – es lohnt sich.
Eure Jenny
Weitere Touren auf meinem Blog:
Jules in Canada – 6 Tage Wandern im Mt. Assiniboine
Jules im Karwendel – 2 Tage Trailrunning
Shari & Lena – Berliner Höhenweg
4 Comments
Alfons Schneiders
02/16/2021 at 18:44Hallo Jenny,
ich würde auch gerne in diesem Sommer von München nach Venedig laufen, jetzt hab ich endlich Zeit, weil ich in Rente bin. Eine Frage hab ich, wie habt ihr es mit den Übernachtungen gemacht in dieser Coronazeit? Ich überlege mir nämlich schon, einen Daunenschlafsack nebst Biwaksack einzupacken, falls man auf den Hütten oder Pensionen nicht unterkommt. Und dann noch was, habt ihr in der Capanna Fassa übernachtet oder in einer anderen Hütte?
Jules
02/17/2021 at 07:23Lieber Alfons, ich leite deine Nachricht an Jenny weiter. Liebe Grüße von Jules
Paul Marshall
04/10/2021 at 23:59Hallo Jenny & Alfons,
Ich habe die gleiche Frage. Nehmen die Hütten einen zu Corona- Zeiten auf bzw. muss/kann man das mit Biwaksack machen?
Jules
04/13/2021 at 14:44Hi Paul, Jenny wird dir schreiben. Grüßle von Jules